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Bundestagswahlergebnis: Brief an den Parteivorstand

SPD Kreisverband Ulm – Logo

An den
SPD Parteivorstand
Willy- Brandt- Haus
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin

Ulm, den 30.09.2009

Bundestagswahl 2009 – Zeit für einen Neuanfang!

Liebe Genossinnen und Genossen,

das desaströse Ergebnis der SPD bei der Bundestagswahl 2009 hat mich spontan dazu bewogen, mit Unterstützung des OV- Vorstandes der SPD Ulm- West diesen Brief zu schreiben. Zunächst möchte ich unserem Spitzenpersonal, unserem Kanzlerkandidaten Frank- Walter Steinmeier, Franz Müntefering und allen Wahlkampfteams herzlich für die geleistete Arbeit danken. Das Wahlergebnis war leider nicht zum persönlichen Einsatz proportional. Wie man auch immer zur SPD steht, ein solches Ergebnis hat unsere Partei sicher nicht verdient. Dennoch muss über Konsequenzen aus dem Ergebnis laut nachgedacht werden.
Die SPD hat bei der Bundestagswahl 2009 das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren. Im gesamten Wahljahr 2009 wurde bereits deutlich spürbar, dass die SPD schon über einen längeren Zeitraum massiv das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Stammwählerschaft verloren hatte. Wenn wir nun einen weiteren Niedergang unserer SPD verhindern wollen, müssen wir jetzt handeln! Ein weiter so kann es nach diesem Ergebnis nicht mehr geben! Die SPD muss sich auf Bundes- und Landesebene dringend inhaltlich und personell erneuern und wir brauchen einen Schnitt bezüglich der Agenda 2010, die zu damaliger Zeit vielleicht richtig gewesen sein mag und auch positive Regelungen enthielt, uns aber jetzt in deren Konsequenz einen Wahlverlust nach dem anderen beschert. Ein Großteil der früheren SPD- Wähler hat die Agenda 2010 auch wegen mangelnder Diskussion in der Vermittlung in deren Gänze bis heute nicht vollständig umrissen. An einem Reformpaket inhaltlich kleben zu bleiben, dass derart mit sozialen Einschnitten und enorm negativen Emotionen und Schicksalen verbunden ist, können wir uns jetzt nicht mehr erlauben, denn die Wählerinnen und Wähler identifizieren die SPD ausschließlich mit den Seiten der Agenda 2010, die Einschnitte und Kürzungen bedeuten. Wir müssen uns nun schnell personell und inhaltlich vom Makel der Agenda 2010 lösen, ohne die positiven Seiten der Agenda zu verleugnen. Das geht aber nur mit neuen Köpfen auf Bundes- und Landesebene. Ich halte es für unglücklich, dass Frank- Walter Steinmeier als Vorsitzender der Bundestagsfraktion gewählt worden ist, der für die Menschen die soziale Kälte der Agenda 2010 und den Verlust bei der Bundestagswahl 2009 mehr als jeder andere verkörpert. Ich begrüße, dass auch Franz Müntefering sich einem Neuanfang an der Parteispitze nicht verschließt. Ute Vogt als Landesvorsitzende hat ebenfalls ihren Rücktritt erwägt, was meiner Ansicht nach ebenso zu begrüßen ist, da sie in gleichem Maße nach einem desaströsen Ergebnis in Baden- Württemberg weder inhaltlich noch als Person die Zukunft der Landes- SPD darstellen kann.

Deutlich verbesserungswürdig ist seitens der Parteispitze zukünftig auch der Umgang mit den Mitgliedern, Multiplikatoren und Anhängern. Diese sind nicht nur in Wahlkampfzeiten wichtig. Eine Politik nach Gutsherrenart, die grundlegende gesellschaftspolitische Reformen schnell durch die Partei peitscht, darf es nicht mehr geben. Das Grundprinzip der innerparteilichen Demokratie und der gesellschaftlichen Vernetzung muss wieder belebt werden, wollen wir wieder neue Mitglieder gewinnen und zu alter Stärke zurückkehren.

Viele unserer Stammwähler sind nicht zur Wahl gegangen, weil sie nicht mehr wissen, woran sie bei der SPD sind. Da helfen auch keine gut gemeinten Grundsatz- und Regierungsprogramme, wenn diese nicht mehr verstanden werden (wollen), da sie u.U. durchaus durchdacht sind aber Herz und Bauch unserer ureigenen Wählerschaft nicht mehr ansprechen. Das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ hat die SPD beispielsweise im Wahlkampf nicht mit einer eigenen politischen Perspektive verbunden. Wir brauchen wieder SPD pur ohne Rücksicht auf mögliche Koalitionsoptionen etc. und wir brauchen Personen, die die Neuausrichtung der SPD authentisch verkörpern.

Wir haben immer noch nicht unser Verhältnis zur Linkspartei komplett geklärt und den Linken in den letzten Jahren viel zu viel Raum gelassen, sich zu etablieren. Die Linke einfach immer und überall pauschal zu verteufeln, hat dazu geführt, dass die Linken sich als die Märtyrer der sozialen Gerechtigkeit eingerichtet haben ohne wirklich etwas konzeptionell Durchdachtes zu bieten. Eines unserer Kernanliegen nämlich „Soziale Gerechtigkeit“ ist uns fast gänzlich – zumindest in der Wahrnehmung der Menschen – abhanden gekommen und klebt nun am Revers der Linken. Die SPD hat sich von den ärmeren, sozial benachteiligten Schichten entkoppelt. Das muss sich wieder ändern.

Ich denke, dass eine Möglichkeit die Linke zu entzaubern wäre, diese sozusagen „inhaltlich zu Tode zu umarmen“, indem man unsere Kernthemen „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ in purster Form in der politischen Auseinandersetzung deutlich macht und u.U. auch versucht diese zumindest in Teilen gemeinsam mit der Linken parlamentarisch umzusetzen, ohne sich von der Linken vor sich her treiben zu lassen oder in Sozialpopulismus zu verfallen. Dann wird die Linke meiner Meinung nach auf längere Sicht auch für die Wählerinnen und Wähler überflüssig. Wenn unsere Kernthemen in reiner Form wieder zu Tag treten und wir wieder Vertrauen zu den Menschen herstellen können, die ureigenste SPD Wähler sind, können wir es schaffen Volkspartei zu bleiben.

Das Wahlergebnis muss umfassend ohne Scheuklappen aufgearbeitet werden und die nötigen inhaltlichen und personellen Konsequenzen daraus gezogen werden. Auch wir als Basis sind nun aufgerufen, unsere Meinung dazu laut kundzutun. Nur dann kann die SPD diese Krise meistern. Ich bitte alle Mitglieder des Parteivorstandes herzlich, das Wahlergebnis als personelle und inhaltliche Zäsur zu sehen und zügig die Neuausrichtung der SPD auf Grundlage unserer Grundwerte voranzutreiben.

Ich darf jedes Mitglied des Parteivorstandes herzlich um eine eigene Stellungnahme zu diesem Schreiben bitten! Herzlichen Dank!

Mit solidarischen Grüßen

Martin Ansbacher
Stv. Kreisvorsitzender
Vorsitzender SPD Ulm- West

Unterstützt vom Vorstand der SPD Ulm- West